Was ist Ihre spontane Antwort auf die Frage nach der deutschen Küche? Sauerkraut, Bratwurst und Bier? Schwarzwälder-Kirsch-Torte? Nun, das ist nur der Anfang…

Bei der Betrachtung einer typischen Landesküche sollte man zwei Dinge unterscheiden: Was brutzelt in der privaten Küche und was wird in den Restaurants landauf und landab angeboten? Noch ein wichtiger Faktor bei diesem Blick in die Töpfe ist: Sprechen wir über die traditionelle Küche eines Landes oder über die zeitgenössischen Köstlichkeiten auf den Tellern.

Schwarzwälder Kirschtorte Schwarzwälder Kirschtorte ©TMBW (Christine Garcia Urbina)


Ein Blick zurück

Die Küche einer Region war früher – und ist es zum Teil auch heute noch – geprägt von den typischen Erzeugnissen der jeweiligen Landwirtschaft. Es gab noch nicht diesen grenzenlosen Güterverkehr, der es uns heute ermöglicht, zu fast jeder Zeit über fast jede Zutat zu verfügen. Manchmal wurde die typische Küche einer Gegend noch maximal vom Nachbarland beeinflusst – so etwa Österreich, Frankreich oder Polen. Und so war der Speiseplan früh, mittags, abends von den Produkten geprägt, die es in der direkten Umgebung gab. Kartoffeln, Wurzelgemüse, Fleisch, Fisch und natürlich: Brot. Sehr viele Gastronomen greifen dieses Thema wieder auf und verwenden in ihrer Küche regionale und saisonale Produkte. Lange Transportwege werden vermieden und lokale Produzenten unterstützt. In vielen deutschen Restaurantküchen wird nachhaltig gekocht, und so gehört auch das Thema „from nose to tail“ – also die Verarbeitung ganzer Tiere und nicht nur der Edelteile – vielerorts zum Programm.


Brotzeit ist die schönste Zeit!

Hessen: Ahle Wurscht mit Brot Hessen: Ahle Wurscht mit Brot ©GrimmHeimat (Paavo Blafield)

Die Brotzeit oder das Abendbrot könnte man wohl als „typisch deutsch“ beschreiben und es gibt sie in allen Gegenden. Die Auswahl und die Vielfalt an Brot in Deutschland sind grandios. Üblicherweise reicht man dazu Wurstaufschnitt, Schinken oder Käsespezialitäten – saure Gurken oder frische Radieschen, Rettich oder anderes frisches Gemüse. Je nach Jahreszeit findet die Brotzeit auf Balkon oder Terrasse statt – in Bayern sehr gerne auch im Biergarten, wo man seine Speisen selbst mitbringen darf und sich dann ein Getränk, also ein Bier, dazu holt.


Fusion, cross-over, international

Nürnberg: Flammkuchen mit Frühlingskräutern und pochiertem Ei Nürnberg: Flammkuchen mit Frühlingskräutern und pochiertem Ei ©DZT (Knut Pflaumer)

Heute wird sowohl im privaten Bereich als auch in der Gastronomie mit internationalen Einflüssen gekocht. Die meisten guten Köche sind weit gereist oder haben zumindest in ihrer Ausbildung hier und da in fremde Töpfe geschaut. Sie bringen ihre Inspirationen mit in die deutsche Küche. Auch andere Kulturen, die in Deutschland leben, laden zu Tisch und geben Impulse. Und so hat sich im Laufe der Zeit die „typisch deutsche Küche“ zu einer Fusion-Küche entwickelt. Sehr präsent und beliebt, und das hat auch mit der Geschichte des Landes zu tun, ist die italienische Küche. Der mediterrane Küchenstil hat auch in den privaten Küchen viele Fans.


Was essen die Nordlichter am liebsten?

Göhren: Paar ruht sich auf Bank mit Essen aus Göhren: Paar ruht sich auf Bank mit Essen aus ©DZT (Christoph Jorda)

In den nördlichen Bundesländern Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und in weiten Teilen Niedersachsens standen früher Fisch und Meeresfrüchte häufig auf dem Speiseplan und das ist auch noch heute so. Hat wohl mit der Lage zu tun. In Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern werden deutschlandweit die meisten Fische gegessen. Naheliegend also, dass es besonders viele typische norddeutsche Rezepte mit Fisch und Meeresfrüchten gibt.


Wie speist es sich in der Mitte des Landes?

Frankfurt/Main: Grüne Soße mit Kräutern und Ei Frankfurt/Main: Grüne Soße mit Kräutern und Ei ©DZT (Knut Pflaumer)

In der westlichen Mitte Deutschlands kommt besonders die rheinische, pfälzische, hessische und saarländische Küche zum Tragen. Hier sind ganz typische Gerichte etwa: „Himmel un Ääd“ (Kartoffelpüree und Apfelmus, wahlweise mit Bratwürsten oder warmen Blutwurstscheiben), Muscheln rheinische Art, Rheinischer Sauerbraten oder „Halve Hahn“ (ein Roggenbrötchen mit Käse und Gewürzen). Die „Frankfurter Grüne Soße“ oder der „Handkäs mit Musik“ lassen die Herzen aller Fans der hessischen Metropole am Main höher schlagen. Wenn es dann noch einen „Äppelwoi“ im typisch gerippten Glas dazu gibt, ist das Leben im Lot. In der Pfalz speist man traditionell sehr deftig mit der „Pfälzer Dreifaltigkeit“: Leberknödel, Bratwurst und eine Saumagenscheibe auf Sauerkraut mit Bratensoße. Das ist spätestens mit dem ehemaligen Bundeskanzler Helmut Kohl weit über die Grenzen des Landes hinausgetragen worden. Er lud regelmäßig seine Politiker-Kollegen zu diesen Spezialitäten ein. Im Osten, genauer gesagt in Sachsen, wird es süß: probieren Sie unbedingt die „Dresdner Eierschecke“, ein fluffig-köstlicher Klassiker deutscher Backkunst. Oder die „Leipziger Lerchen“, ein Gebäck aus Mürbeteig mit Marzipan: So wird der Nachmittag im Kaffeehaus zum Genuss. Und wenn wir an Thüringen denken, läuft uns schon das Wasser im Mund zusammen: Die Thüringer Rostbratwurst ist ein echtes kulinarisches Kulturgut!


Schlemmereien aus Bayern, Württemberg und Baden

Stuttgart: Maultaschen mit Kartoffelsalat im Gasthaus Zur Linde in Möhringen Stuttgart: Maultaschen mit Kartoffelsalat im Gasthaus Zur Linde in Möhringen ©DZT (Carolina Hubelnig)

Einige auch im Ausland bekannte deutschen Rezepte stammen aus den südlichen Regionen Deutschlands: genauer gesagt aus Bayern, Baden und Württemberg. Nicht zuletzt trägt auch das Oktoberfest in München seit Jahrzehnten zur Bekanntheit dieser Gerichte bei – schließlich wollen die - internationalen - Gäste etwas „typisch bayerisches“ zu ihrer Maß (ein Liter Bier) genießen. Die Weißwurst, Bratwurst, Schweinshaxe mit Sauerkraut und warmer Leberkäse stehen nicht zuletzt auch deshalb häufig beispielhaft für die deutsche Küche. Das greift natürlich zu kurz, denn die typisch bayerische Küche hat natürlich mehr als das zu bieten. Auch aus Württemberg kommen nicht nur die Maultaschen oder die Spätzle. In diesem Bundesland befinden sich knapp 1/3 aller Sternerestaurants in Deutschland. Auch in Baden ist man dem guten Essen sehr zugetan und die Kultur um Küche und Keller ist eine sehr lebendige und verheißungsvolle. Dort spürt man deutlich den Einfluss aus dem Elsass, der französischen Küche im Allgemeinen und der Schweiz. Es gibt Badische Schneckensuppe, Flammenkuchen oder Ofenschlupfer – um nur ein paar bodenständige Speisen zu nennen.

Dieser Überblick erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es gibt so viele Köstlichkeiten in Deutschland zu entdecken und da hilft nur eines: Probieren geht über Studieren. Stürzen Sie sich ins köstliche Vergnügen, sprechen Sie mit den Marktfrauen und -männern und fragen Sie nach den besten Spezialitäten. Und danach: einfach nur genießen!