Verstärkter Kundendialog im Lockdown

Vor knapp vier Monaten erreichten uns die ersten Nachrichten von dem neuartigen Corona Virus in China - seit mehr als vier Wochen prägt nun der Lockdown das Leben in Deutschland und damit auch die tägliche Arbeit der DZT: kontinuierliche Analyse der Situation in mehr als 50 Quellmärkten, Justierung und Verschiebung geplanter Marketingkampagnen, Budgetanpassungen, mobiles Arbeiten und stets die Frage, wann es wie weitergeht.

Ging es in der ersten Phase noch primär um die Anpassung operativer Maßnahmen und Information, fokussieren wir uns jetzt in der zweiten Phase auf den verstärkten Kundendialog und unsere virtuelle Kampagne #DiscoverGermanyFromHome. In der virtuellen Realität halten wir trotz des Lockdowns inspirierend, emphatisch und informativ das Interesse am Reiseland Deutschland bei den Endkunden weltweit und der internationalen Reiseindustrie wach.

Wir gehen davon aus, dass trotz der bestehenden Unsicherheit im Laufe der zweiten Jahreshälfte die heute bestehenden Reisebeschränkungen nach und nach wieder gelockert werden. Neben der Sommerhauptsaison haben wir traditionell immer ein starkes 3. und 4. Quartal im Deutschlandtourismus gehabt. Wir planen nach umfangreicher Marktforschung markt-und zielgruppenspezifisch Produktanreize zu kreieren und mit einem einprägsamen call for action unsere Markenkommunikation für das Reiseland Deutschland evidenzbasiert zu justieren.

Unser Arbeitstitel: #SeeYouSoonBackInGermany.

Welche Chancen und Herausforderungen sehen wir aus heutiger Sicht für die Zeit ‚nach Corona‘?

Wenn Ausgangs- und Reisebeschränkungen aufgehoben werden, rechne ich damit, dass zunächst vor allem Individualreisende aus Europa nach Deutschland kommen. Etwa 70 Prozent unserer Gäste kamen in der Vergangenheit aus Europa, vor allem aus unseren Nachbarländern. Von denen waren weit mehr als die Hälfte Wiederholer oder Stammkunden, also echte Connaisseure des Reiselandes Deutschland. Über die Hälfte reist mit dem Auto nach Deutschland. Das heißt, Deutschland ist als Reiseziel für die meisten Interessenten aus Europa auf Schiene und Strasse wieder erreichbar, auch wenn die Airline-Kapazitäten möglicherweise in diesem Jahr noch reduziert bleiben. Für unsere Überseemärkte ist sicherlich erst in 2021 bzw. 2022 mit einer Wiederbelebung zu rechnen.

Mitte Mai werden wir im Rahmen des World Travel Monitor von IPK International mögliche Veränderungen bedingt durch die Corona-Krise in unseren Quellmärkten durch eine umfangreiche Kundenbefragung erheben. Eine zweite und dritte Befragungswelle ist im Laufe des Jahres geplant.

Ob und wie sich das Kundenverhalten verändert, beobachten wir gemeinsam mit internationalen Reiseveranstaltern, OTCs und Verkehrsträgern. Internationale Organisationen, wie UNWTO, WTTC, ETC etc. sind hierbei wie bereits in der Vergangenheit wichtige Informationslieferanten.

Wir analysieren darüber hinaus fortlaufend die Post-Corona-Szenarien zahlreicher internationaler Experten und Marktteilnehmer. Ein McKinsey-Briefing, dass die gesamtwirtschaftlichen Folgen von Covid 19 betrachtet, sieht Luftverkehr und Reiseindustrie als die wirtschaftlich am stärksten betroffenen Branchen weltweit. Konsumgewohnheiten, Regulierungsmechanismen und Wertschöpfungsketten würden nach der Krise in ein ‚next normal‘ münden.

Das Schweizer Start up Viselio präsentiert ein White Paper, nach dem Grenzen nur langsam und stufenweise wieder geöffnet werden, Gesundheit bei den Einreisebehörden und -formalitäten künftig eine bedeutende Rolle spielen wird und Flugreisen insgesamt teurer und komplizierter werden. Der Fokus werde zunächst auf dem Inlandstourismus und erdgebundenen Verkehrsmitteln liegen, erst ab 2021 dürften Flugreisen wieder eine Rolle spielen.

Was das DZT-Team und mich besonders bewegt, sind die Herausforderungen in den verschiedenen Segmenten Leisure und Business. Die Experten der Community Executive Traveller erwarten zwar eine schnellere Erholung im Geschäftsreisemarkt, das Niveau des Jahres 2019 werde jedoch erst 2023 wieder erreicht.

Im Geschäftsreisebereich erwarte ich besondere Herausforderungen: schließlich sind wir mit großem Abstand Europas führendes Geschäftsreiseziel. Business Trips haben einen Anteil von 22 Prozent am deutschen Incoming. Der bereits in den vergangenen Jahren erodierende Markt traditioneller Geschäftsreisen bleibt unter Druck. Die Möglichkeit der Kompensation durch virtuelle Meetings, Videokonferenzen, Skype Calls etc. ist durch den Lockdown selbstverständlich geworden. Das bisher zuverlässig wachsende Segment promotabler Geschäftsreisen bleibt insbesondere im Bereich großer Kongresse und Tagungen mit Blick auf die Mengengerüste der Teilnehmerzahl - oftmals mehr als 100 Teilnehmer - mittelfristig sehr fragil. Und als weiterer Sorgenfaktor bleibt die drohende Rezession, die den Markt weiter belasten dürfte.

Ein weiterer Erfolgsfaktor aus Vor-Corona-Zeiten wird heute zur Herausforderung. Wir sind Kultur- und Städtereiseziel Nummer 1 der Europäer. Aber ein Großteil des kulturellen Angebotes in den Städten - Theater, Museen, Festivals, Gourmetgastronomie - wird längerfristig vom Lockdown betroffen sein. Gemeinsam mit unseren Partnern in den Metropolregionen werden wir daran arbeiten müssen, neue Formen von Städteurlaub zu konzipieren, entsprechende Produkte zu entwickeln und so das Reiseland Deutschland unverwechselbar zu positionieren.

Lassen Sie uns an dieser Stelle noch zum Licht am Ende des Tunnels schauen.

Von Kundenseite kann ich Ihnen versichern, dass das Interesse am Reiseland Deutschland ungebrochen ist. Die Strahlkraft der Marke Reiseland Deutschland - „Simply Inspiring“ trägt. In unseren Social Media-Kanälen spiegelt sich dies wider: viele Kunden möchten auch weiterhin nach Deutschland reisen!

Die Bundesregierung hat mit den Bundesländern erste mögliche Schritte zur Lockerung des Shutdowns beraten. Das gibt Grund zur Hoffnung.

Und wir lesen in einer internationalen Vergleichsstudie zu 40 Industrie- und Entwicklungsländern, die von der Londoner Deep Knowledge Group (DKG) gerade vorgestellt wurde, dass Deutschland im Corona-Krisenmanagement in Europa am besten dasteht, weltweit wird nur Israel noch besser bewertet. Das bedeutet auch Imagegewinn für das Reiseland Deutschland und starke Argumente für unsere Recovery-Programme.

In diesem Sinne arbeiten wir weiter an unserer Mission: Welcome to Germany!

Bleiben Sie gesund! Ich hoffe, dass wir gemeinsam auch in Zukunft weiterhin internationale Gäste in Deutschland willkommen heißen können!

Ihre Petra Hedorfer