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29. November 2022

Pressemitteilung: Gute Zwischenbilanz für deutschen Incoming-Tourismus im Sommer 2022 mit wachsenden Herausforderungen für das kommende Halbjahr


Frankfurt am Main, 29. November 2022 – Die internationale Reiseindustrie bestätigt dem deutschen Incoming-Tourismus für 2022 eine deutliche Erholung. Das ist das Kernergebnis des jüngsten Travel Industry Expert Panels der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT). Demnach ist vom 1. bis zum 4. Quartal die Einschätzung der aktuellen Geschäftssituation von minus 40 auf plus 25 (auf einer Skala von minus 100 bis plus 100) gestiegen. Die Business-Erwartungen für die kommenden sechs Monate, die nach dem Beginn des Ukraine-Krieges im Verlauf des ersten Halbjahres von plus 74 auf plus 55 gesunken waren, haben sich stabilisiert, liegen jedoch weiterhin krisenbedingt unter der Einschätzung zu Beginn des Jahres.

Bereits in der Sommersaison 2022 erholte sich der deutsche Incoming-Tourismus deutlich. Das Übernachtungsvolumen ausländischer Gäste erreichte im dritten Quartal rund 85 Prozent des Vorkrisenniveaus. Zugleich muss sich die Branche auf weiterhin schwierige wirtschaftliche Rahmenbedingungen einstellen. Attraktive nachhaltige Angebote und weitere Fortschritte in der digitalen Transformation sind aus Sicht der DZT essenziell, um die Position des Reiselandes Deutschland in einem schärfer werdenden Wettbewerb der Destinationen zu festigen.

Petra Hedorfer, Vorsitzende des Vorstandes der DZT, beschreibt die aktuelle Situation des Incomings wie folgt: „Die Reiseabsichten sind weiter hoch. Das bestätigt die jüngste Studie ‚Monitoring Sentiment in Intra European Travel‘ der European Travel Commission (ETC) vom Oktober 2022. So planen 70 Prozent der Reisenden aus Europa, dem wichtigsten Quellmarkt für das Deutschland-Incoming mit einem Marktanteil von über
80 Prozent, in den kommenden sechs Monaten zu verreisen – ein Plus von vier Prozent im Vorjahresvergleich. Auslandsreiseziele innerhalb Europas präferieren 62 Prozent der Europäer – ein Plus von sieben Prozent gegenüber 2021. Zugleich sinkt der Anteil derer, die im eigenen Land Urlaub machen oder eine Fernreise unternehmen wollen, um jeweils drei Prozent.

Auch die Analysten von Tourism Economics bestätigen eine hohe Reisebereitschaft und prognostizieren für den Incoming-Tourismus einen weiteren Anstieg von 60 auf 67 Millionen internationale Übernachtungen in Deutschland für 2023. Allerdings erwarten auf Seiten der Reisewirtschaft 90 Prozent der Befragten im DZT Industry Expert Panel für das Jahr 2023 steigende Preise für das Reiseangebot in Deutschland aufgrund von Inflation und höheren Energiekosten. Trotzdem erklärt mehr als ein Drittel der Top-Manager, dass moderate Preissteigerungen die Kundennachfrage nach Reiseangeboten in Deutschland nicht beeinflussen würden, 57 Prozent erwarten einen leichten Rückgang der Nachfrage aufgrund von Preissteigerungen.“

Positive Entwicklung des Incomings im Sommer 2022

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes stiegen die Übernachtungszahlen internationaler Besucher von Januar bis September 2022 auf 50,6 Millionen, das entspricht 72 Prozent des Vergleichszeitraumes 2019. Im Juli erreichten die Incoming-Zahlen 84 Prozent, im August 83 Prozent und im September 87 Prozent des Vorkrisenniveaus. Top-Märkte für das Incoming waren die Niederlande, gefolgt von der Schweiz, den USA, Österreich und Polen. Die Recovery entwickelte sich positiv, obwohl der große Quellmarkt China aufgrund der strikten Null-Covid-Policy weiterhin reglementiert ist, kriegsbedingt gilt dies auch für den russischen Quellmarkt.

Wichtige Kennziffern von MKG Consulting für die Hotellerie zeigen allerdings, dass Deutschland mit einem Minus von 5,9 Punkten etwas schwächer performt als die Mitbewerber. In allen untersuchten Märkten – Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, der Schweiz und Österreich - liegt die Belegungsrate der Hotels im Oktober 2022 unter der des Vergleichsmonats 2019.

Zugleich sind die nicht inflationsbereinigten Durchschnittspreise für Hotelübernachtungen in diesen Destinationen in Europa gestiegen. Bei den aktuellen Zimmerpreisen verteuert sich Deutschland ebenfalls, bewegt sich jedoch weiterhin im unteren Drittel.

Auf Basis der aktuellen Daten prognostiziert das Marktforschungsinstitut Tourism Economics für das Deutschland-Incoming 2022 ein Volumen von circa 60 Millionen Ausländerübernachtungen – rund zwei Drittel des bisherigen Rekordjahres 2019.

Nachhaltigere Reisen liegen im Trend

Die umfangreichen Marketingaktivitäten der DZT für einen nachhaltigeren Incoming-Tourismus zeigen Wirkung: So ist der Anteil der Anreisen nach Deutschland mit der Bahn nach Analysen von Mobilfunkdaten durch Teralytics im Auftrag der DZT von Januar bis Oktober 2022 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 10,6 Prozent auf 14,4 Prozent gestiegen. Die Aufenthaltsdauer im Flugsegment ist in den ersten zehn Monaten 2022 gegenüber dem gleichen Zeitraum 2019 laut Analysen von Forward Keys von durchschnittlich 8,3 auf 9,9 Tage gestiegen. Der CO2-Footprint pro Reisetag sinkt somit.

Zukünftig sind für 80 Prozent der internationalen Auslandsreisenden nach Analysen von IPK International Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz wichtig oder sehr wichtig. Um verstärkt nachhaltige Reisen zu buchen, erwarten rund 40 Prozent der Befragten ein breiteres, kostengünstiges Angebotsspektrum sowie mehr konkretere Informationen.

Im Sinne einer möglichen Entzerrung der Reiseströme würde laut IPK mehr als die Hälfte der Befragten grundsätzlich auch außerhalb der Hochsaison verreisen. 43 Prozent können sich vorstellen, für mehr Nachhaltigkeit auf Komfort, beispielsweise bei der Anreise, zu verzichten. Das Interesse, bei einem entsprechenden Angebot, eine Städtereise auch mit einem Aufenthalt in ländlichen Regionen zu kombinieren, ist mit mehr als 90 Prozent bei den Auslandsreisenden weltweit stark ausgeprägt.

Gute Chancen für Reiseland Deutschland im europäischen Wettbewerb

Im Ranking der beliebtesten Reiseziele für die kommenden sechs Monate steigt Deutschland in der Herbstumfrage der ETC vom sechsten auf den vierten Platz nach Frankreich, Spanien und Italien.

Deutsche Bank Research erwartet laut den Prognosen vom November, dass die globale Inflationsrate im Jahresdurchschnitt 2022 auf 8,4 Prozent klettert und sich damit gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt. Auch für das Jahr 2023 erwarten die Volkswirte eine weiterhin hohe Inflation in Höhe von gut sechs Prozent.

Das prägt auch das Verbraucherverhalten: So analysiert die oben zitierte ETC-Studie in ihrer 13. Befragungswelle vom Oktober 2022 die wichtigsten Gründe, die potenzielle Gäste derzeit vom Reisen abhalten könnten im Vergleich zur letzten Umfrage im Sommer. Der Anteil derer, die sich durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine vom Reisen abhalten lassen, sinkt um sechs auf 8,9 Prozent. Neun Prozent befürchten, unterwegs durch die Inkraftsetzung von Quarantäneregeln überrascht zu werden (unverändert).
23 Prozent nennen generell steigende Reisekosten aufgrund der Inflation (plus fünf Prozent), 17,1 Prozent hindert die persönliche wirtschaftliche Situation am Reisen (plus vier Prozent).

Drei Viertel der Key Accounts der internationalen Reiseindustrie gehen laut DZT Industry Expert Panel davon aus, dass ihre Kunden trotz limitierter Reisebudgets grundsätzlich ins Ausland verreisen wollen.