Inspiring Germany
Techno – so viel mehr als elektronische Musik
Innovative und schnelle Beats, kreative Tanz-Events und eine aufgeschlossene, bunte Community machen die Technoszene in Deutschland zu einem echten Kulturerlebnis. Das würdigt auch die UNESCO-Kommission, die die Technokultur 2024 in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen hat.
Deutschland tanzt zu Techno
Nature One
©Nature One
Nicht Schlager oder Deutschrap sind die erfolgreichsten Musikrichtungen in Deutschland, sondern Techno! Die Bekanntheit deutscher DJs und Sounds reicht weit über die Landesgrenzen hinaus – und über jegliche Konventionen hinweg. Genau das macht den Reiz aus: Alles ist erlaubt, von hypnotischen, treibenden Beats über experimentelle Klänge bis hin zu melodischen Elementen. Dabei ist Techno weit mehr als nur elektronische Musik. Es ist ein Lebensgefühl, das sich nicht zuletzt in der Mode, der Kunst und in Veranstaltungen, allen voran den Raves, manifestiert. Manche dieser Musik-Festivals sind riesig und dauern mehrere Tage. So bewegen sich in Weeze am Niederrhein, dessen Airportgelände sich jeden Sommer in die fiktive Stadt Parookaville verwandelt, rund 225.000 Besucher zu den Klängen und Licht-Shows von über 100 DJs. Weitere Techno-Events sind das Sonnemondsterne in Thüringen, der Sputnik Spring Break in Sachsen-Anhalt und das Nature One im Hunsrück. Techno findet also längst nicht mehr nur in der Großstadt statt.
Düsseldorf: Wo alles begann
Open Air Festival
©Adobe Stock (Zamrznuti tonovi)
Die Anfänge des Techno wurzeln in Städten wie Detroit, Chicago – und Düsseldorf. In den frühen 70ern legten hier Krautrocker und Bands wie Kraftwerk – bis heute weltweite Ikonen der Szene – die Grundlage für spätere Techno-Produktionen. Die mit neuartigen Synthesizern, Drum-Computern und Sampler-Geräten kreierte Musik ging um die Welt, doch nirgendwo fiel der futuristische Sound auf dermaßen fruchtbaren Boden wie in Deutschland. Ein entscheidender Auslöser? Der Fall der Berliner Mauer 1989. Techno wurde zum Soundtrack der Aufbruchstimmung nach der Wende. Das Motto: Weg mit den alten Mustern, her mit dem unbeschwerten Leben!
Berlin: Tanzen bis zum Abwinken
Nachtclub Berghain
©AdobeStock (Mathias Lochner)
Nirgends wurde das deutlicher als in Berlin, wo die Wiedervereinigung extraviel Energie und Kreativität in die Techno-Szene brachte. Klitschen wurden zu renommierten Labels, verlassene Gebäude zu improvisierten Clubs und mitunter – siehe E-Werk, Tresor und Bunker, später auch das Berghain – zu international berühmten Techno-Hochburgen. Und aus einer Demo mit drei Autos samt Musikanlage wurde die von Millionen Teilnehmern aus aller Welt gefeierte Loveparade. Kurz: Techno entwickelte sich in den 90ern zum Mainstream. Nach einigen Aufs und Abs ist die Szene derzeit wieder ganz oben auf. Doch was Einheimische wie Touristen schätzen, sind nicht nur die großen und kleinen Partys, sondern auch die gelebte Toleranz und Diversität sowie eine starke Do-it-yourself-Mentalität. Für die UNESCO gute Gründe, die Technokultur in Berlin zum immateriellen Welterbe zu adeln.
Frankfurt am Main? Feiern am Limit!
World Club Dome
©Big City Beats GmbH;BigCityBeats GmbH (Julien Duval)
Wer hätte gewusst, dass der erste deutsche „Technoclub“ 1984 nicht etwa in Düsseldorf oder Berlin, sondern am Frankfurter Flughafen eröffnete – konkret innerhalb der Disco „Dorian Gray“? Die Besucher des 2022 an der Frankfurter Hauptwache eröffneten Museum of Modern Electronic Music, kurz MOMEM, jedenfalls sind im Bilde, auch was Top-Techno-Produzenten wie Paul van Dyk, WestBam und DJ Hell anbelangt. Und erst recht Sven Väth, der nimmermüde Lokal-Matador und Über-DJ. Wer ähnliche Karrieren anstrebt, kann sich Inspirationen bei „Workshops und Seminaren für die neue Generation“ holen, die in der angeschlossenen Akademie angeboten werden.
Alles im Partyfluss, vom Rhein bis an die Weiße Elster
Leipzig: Skyline in der Dämmerung
©LTM (Tom Schulze)
Neben Hamburg, Köln und München, wo mit dem „Ultraschall“ Ende der 80er Jahre der erste reine Technoclub des Landes eröffnete, hat sich Leipzig als besonders agiles Feierzentrum etabliert. Was in den 90er Jahren begann, als aus alten Brachen der Sound eines neuen Freiheitsgefühls dröhnte, wird noch heute gepflegt. So ist Ostdeutschlands ältester Technoclub, der „Distillery Club“, immer noch eine gefragte Location, die mittlerweile auf dem Gelände der Alten Messe ein neues Zuhause gefunden hat.