Von der Vergangenheit können uns Guides, Bücher, Filme erzählen – und Gebäude. Schließlich waren in den verschiedenen Epochen ganz unterschiedliche Baustile angesagt, von der Antike über Gotik bis zu Klassizismus, Historismus und (Post-)Moderne. Wir zeigen ein paar Paradebauwerke in ausgewählten deutschen Städten.

Klassizismus in München: Steingewordene Italien-Liebe

The Feldherrnhalle monument on Odeonsplatz in Munich is illuminated and can be seen against a deep blue night sky with a crescent moon München: Feldherrnhalle am Odeonsplatz ©München Tourismus (Vittorio Sciosia)

München wird ja gern als nördlichste Stadt Italiens bezeichnet. Wer auf dem Königsplatz, vor dem Nationaltheater und mehr noch auf dem nahen Odeonsplatz weilt, versteht, warum. Wohin man blickt: Gebäude im römisch-klassizistischen Stil, allen voran das Palais Leuchtenberg mit seinen rund 250 Zimmern. Doch der vom italophilen König Ludwig I. beauftragte Leo von Klenze schuf noch weitere hochkarätige Hingucker: Glyptothek, Alte Pinakothek sowie die Ruhmeshalle oberhalb der Theresienwiese.

Historismus in Dresden: Opernhaus von Weltrang

Semperoper, ein großes Steingebäude mit detaillierten Verzierungen an der Fassade steht am Theaterplatz in Dresden hinter einer Reiterstatue. Dresden: Semperoper Theaterplatz ©DZT (Udo Bernhart;CMR)

Die Elbmetropole ist neben ihrer barocken Pracht auch für die Architektur des Historismus bekannt. Ein Musterbeispiel dieses Phänomens, das auf frühere Bauarten zurückgriff und diese ordentlich durchmischte, stellt das 1871–78 von Gottfried Semper im Neorenaissance-Stil erbaute Neue Hoftheater dar. Dass die 1985 rekonstruierte Semperoper zu den weltbesten Opernhäusern zählt, verdankt sie (auch) ihren reich verzierten Fassaden, stilisierten Fensterformen und seiner imposanten Monumentalität.

Moderne in Berlin: Wendepunkt in der Architektur

Nahaufnahme des historischen AEG-Gebäudes mit markanter, rot-brauner Backsteinfassade und großen Fensterflächen. Das AEG-Logo ist in den Ziegeln des Daches eingraviert AEG Gebäude im Humboldthain ©Shutterstock (Mo Photography Berlin)

Weg von dekorativen und hin zu experimentellen Materialien, Form- und Farbspielen mit klarem Fokus auf die Funktionalität: In der Architektur beschreibt der Begriff der Moderne alle avantgardistischen Strömungen Anfang des 20. Jahrhunderts. Einer der Vorreiter dieser sachlichen Bau(haus)kunst war Peter Behrens. Die von ihm entworfene, noch heutzutage betriebene AEG Turbinenhalle gilt als Ikone der Industriearchitektur, wurde hier doch die erste Formensprache für eine Fabrik entwickelt. Ebenso beeindruckend sind Behrens konzipierte Industriebauten am Humboldthain.

DDR-Nachkriegs-Architektur in Warnemünde: Formenwunder am Hafen

An der Strandpromenade von Warnemünde in Rostock steht ein Leuchtturm neben dem Teepott-Gebäude. Zwei Personen spazieren durch die sandigen Stranddünen. Rostock: Leuchtturm und Teepott in Warnemünde an der Seepromenade ©DZT (Francesco Carovillano)

Wer das 1968 von Erich Kaufmann und Ulrich Müther errichtete Teepott Restaurant im Rostocker Ortsteil Warnemünde besucht, will meist zweierlei:

1. Gut essen – denn hier gibt es gehobene Küche in stilvollem Ambiente mit Blick auf den Leuchtturm und die Seepromenade.

2. Mehr über Hyparschalenarchitektur erfahren – was durch die runde Form, die großen Panoramafenster und vor allem das geschwungene Dach sofort ersichtlich wird.

Rekonstruktion kriegszerstörter Bauten in Frankfurt: Historie trifft Moderne

Ein Paar spaziert bei Dämmerung durch den historischen Hühnermarkt in der neuen Altstadt, umgeben von restaurierten Gebäuden und dem beleuchteten Stoltze-Brunnen in der Mitte des Platzes Neue Altstadt in Frankfurt am Main ©DZT (Dagmar Schwelle)

Kann eine Altstadt neu sein? Oja! Zumindest wenn sie so umfassend rekonstruiert wird wie das „Jahrhundertprojekt“ Neue Frankfurter Altstadt. Seit 2018 ist der 7000 Quadratmeter große Mini-Stadtteil zwischen Dom und Römer wieder vollständig. Mehr noch: In den 15 rekonstruierten und 20 neuen Gebäuden befinden sich neben 60 Wohnungen auch Geschäfte, Museen, Cafés. Plus: Im Archäologischen Garten lassen sich Spuren der römischen Siedlung und der karolingischen Kaiserpfalz bestaunen.

Dekonstruktivismus in Mainz: Postmoderne Architektur als Kunst

Ein modernes, weißes Interieur mit geometrischen Mustern. Die Wände und Decken haben scharfe Winkel, und mehrere kleine, quadratische Fenster sind asymmetrisch angeordnet. Deckenleuchten und eine Hängelampe sorgen für Beleuchtung. Die Böden sind mit dunklen Fliesen ausgelegt, und man kann einen Blick auf eine untere Ebene mit einer Treppe und einigen Stühlen werfen. Das Design setzt auf klare Linien und zeitgenössische Architektur. Das Bild wurde in Mainz, Rheinland-Pfalz, aufgenommen. Bei dem Gebäude handelt es sich um die Neue Synagoge, die von dem Architekten Manuel Herz entworfen wurde. Mainz: Innenansicht der Neuen Synagoge, Architekt Manuel Herz ©DZT (Florian Trykowski)

Eine aufgefächerte Ziehharmonika? Ein Blitz im braven Gründerzeitviertel? Oder doch nur eine Kopie des Jüdischen Museums in Berlin? Ganz gleich, aus welcher Perspektive man die 2010 eröffnete Neue Synagoge in Mainz sieht: Spektakulär ist der hinter einer Reihe dorischer Säulen befindliche, vielfach gezackte, gefaltete und changierende Baukörper in jedem Fall. Und dass der Kölner Architekt Manuel Herz ein Schüler des Star-Architekten Daniel Libeskind ist, bleibt ebenfalls unverkennbar.