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10 regionale Bräuche: Mystisch, lieblich, schaurig-schön
Etliche regionale Bräuche und Feste haben einen keltischen, viele einen christlichen Hintergrund, manche feiern den Frühling, andere die „Zwischenwelt“. Was viele eint, ist die noch heute anhaltende Faszination. Und die drückt sich durch Verkleidungen, Schmuck oder geselliges Beisammensein aus – sei es am Feuer, in der Natur oder auf den Straßen.
Biikebrennen: Uralte Feuertradition an der Nordsee
Der nordfriesische Brauch aus vorchristlicher Zeit hält sich bis heute: In rund 60 Küsten- und Inselorten zwischen Tönning und Sylt brennen am 21. Februar die Biikefeuer. Wochen vorher werde alte Weihnachtsbäume und anderes Holz aufgeschichtet. Dass die heiteren Feste 2014 in die Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen wurden, liegt aber auch an den „Begleitritualen“, die von der Feuerrede über den Fackelumzug bis zum Grünkohlessen reichen.
Fastnacht: Narren, Hexen, Fantasiefiguren
Verkleidete Person bei Karnevalsumzug
©Adobe Stock (C. Schüßler)
Während Karneval vor allem im Rheinland verbreitet ist und sich durch laute Umzüge und Büttenreden auszeichnet, gilt die eher im Südwesten Deutschlands gefeierte Fastnacht als etwas traditioneller und mystischer. So mischen sich bei der schwäbisch-alemannischen Variante der „fünften Jahreszeit“ unter die Zuschauer der Umzüge auch jede Menge Hexen, Teufel, Gaukler und andere fantastische Gestalten, die so manchen Schabernack treiben. Die Grundstimmung ist aber auch hier ausgesprochen ausgelassen.
Osterbrunnen: Bunte Eier, prachtvolle Girlanden
Größter Osterbrunnen der Welt in Bieberbach
©lookphotos (Hanna Wagner)
Mit 11.108 handbemalten Eierschalen fand Bieberbach bei Egloffstein als „größter Osterbrunnen der Welt“ Einzug ins Guinnessbuch der Rekorde. Doch auch in rund 200 weiteren Orten der Fränkischen Schweiz verwandeln sich in den Wochen rund um Ostern Brunnen in wahre Kunstwerke. Der Brauch, die öffentlichen Wasserspender mit Eiern, Girlanden und Blumen zu schmücken und bunt zu bemalen, soll den Frühling begrüßen – und bringt so Einheimische und Gäste, Tradition und Handwerkskunst zusammen.
Walpurgisnacht: Wenn im Harz der Teufel los ist
In Goethes „Faust“ und etlichen anderen Erzählungen und Legenden spielen Hexen, Geister und mystische Gestalten, die in der letzten Aprilnacht auf dem Brocken zusammenkommen, eine wichtige Rolle. Hexenritt und Teufelskult rund um den höchsten Berg im Harz begeistern bis heute. So wird die Walpurgisnacht in mehr als 20 Gemeinden – allen voran in Thale, Braunlage und Schierke – mit Hexenmärkten, teuflisch-guten Kostümen, Musik und Feuer gefeiert. Und mit jeder Menge Gruselgeschichten.
Tonnenabschlagen: Ein ganz besonderer Reiterwettkampf
Der an der Küste Mecklenburg-Vorpommerns begangene Brauch gehört seit 2016 zum Immateriellen Kulturerbe Deutschlands, doch es gibt ihn – natürlich – bedeutend länger. Konkret galoppieren seit rund 250 Jahren Reiter (und ab 1950 auch Reiterinnen) gegen ein mit Eichenlaub geschmücktes Heringsfass, das hoch über der Bahn hängt. Wer Boden, Stäbe oder die ganze Tonne zerschlägt, wird König. Das größte derartige Spektakel findet in Fischland-Darß-Zingst statt, doch auch andere Ostseebäder veranstalten entsprechende Volksfeste.
Heideblütenfest: Party in Lila
Sonnenaufgang am Totengrund in der Lüneburger Heide
©AdobeStock (RuZi)
Wenn die Lüneburger Heide im Spätsommer großflächig ihren lila Blütenteppich ausrollt, feiert das die Region mit einem nicht minder bunten Programm. Insbesondere in Amelinghausen, Schneverdingen und Holm-Seppensen wird über Tage hinweg ordentlich was geboten: Konzerte, Lasershows, Lampionumzüge, rustikal-gemütliche „Heidjerabende“ sowie geführte Wanderungen und Radtouren in die Natur. Als Höhepunkt gilt die Krönung der neuen Heidekönigin samt anschließendem Festumzug.
Almabtrieb: Hübsche Tiere, schicke Menschen
Berchtesgadener Land: Almabtrieb am Königsee
©www.bayern.by (Peter von Felbert)
Wann der Sommer vorbei ist? Eine Antwort, die in den bayerischen Alpen häufig fällt: Wenn die Tiere von den Almen ins Tal zurückkehren, um in den heimischen Ställen den Winter zu verbringen. Und dieser Umzug wird gefeiert, indem insbesondere die Rinder ordentlich „aufgekranzt“, also prächtig mit Blumen, Kränzen und Glocken geschmückt werden. Wobei sich bei den von allerlei Schmankerln und Handwerkskunst umrahmten Festivitäten auch etliche Einheimische in Schale - also in ihre Tracht - werfen …
St. Martins-Umzüge: Lichtermeer für mehr Nächstenliebe
Laterne für den St. Martins Umzug
©Adobe Stock (Irina Schmidt)
Während Karnevalisten am 11.11. den Beginn der närrischen Zeit feiern, begehen insbesondere Kindergarten- und Grundschulkinder den Martinstag. Wichtigstes Utensil: selbstgebastelte Laternen, mit denen sie dann singend und punschtrinkend durchs Viertel ziehen. Manche Umzüge, bei denen meist ein verkleideter Martin voran(sch)reitet und als Symbol der Nächstenliebe seinen Mantel teilt, sind richtig groß. So versammeln sich etwa in Worms, Kempen und Bocholt bis zu 8.000 (auch erwachsene) Teilnehmer.
Buttnmandl: Gruselwesen aus Fell und Stroh
Der Heilige Nikolaus schaut am 6. Dezember ja bei vielen Kindern in ganz Deutschland vorbei, um sie mit Geschenken zu belohnen (und auch ein wenig zu tadeln). Im oberbayerischen Berchtesgadener Land wird der gute Mann dabei von Buttnmandln begleitet – furchterregend aussehenden Gestalten, die in Stroh und Felle gehüllt sind und große Glocken tragen. Ihr Job: böse Geister und Dämonen vertreiben. Dabei führen Einheimische das laute Spektakel eher privat auf, nur der Buttnmandllauf der Gebirgsjäger ist öffentlich.
Raunächte: Zwischen Magie und Aberglaube
Die zwölf Nächte zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag sind seit jeher von einer geheimnisvollen Stimmung geprägt. Insbesondere in Baden-Württemberg und Bayernwird dieser Brauch gepflegt. Zu den noch heute „zwischen den Jahren“ praktizierten Traditionen gehören das Verbrennen von 13 Wunschzetteln sowie der Einsatz von Kräuterkerzen und Räuchermischungen, um Haus und Hof von schlechter Energie zu reinigen. In einigen Regionen übernehmen diese Aufgabe auch verkleidete Hexen und Perchten.